Konzertbericht Laura Cox, Hamburg, Knust am 07.10.2021
Endlich wieder vor Zuschauern spielen. Nach fast 2 Jahren Konzertbesuchspause war es so etwas wie ein Neustart nach langer Abwesenheit, unter Corona-Auflagen wieder mal Musikkünstlern bei der Arbeit zuzuschauen. Streaming, Facebook und virtuelle Meetings sind eben doch nicht das Gleiche und der Liveauftritt durch nichts zu ersetzen.
Immerhin hatten wir in Hamburg an diesem Donnerstag exzellentes Spätsommerwetter mit Temperaturen knapp an die 20 Grad. So hat sich der Veranstalter kurzfristig entschlossen, das Konzert unter freiem Himmel statt im zugegebenermaßen engen Knust stattfinden zu lassen. Das machte es auch deutlich einfacher, die Corona-Auflagen einzuhalten: Vor der Bühne wurden Bierbänke und Tische aufgebaut, an jedem Tisch maximal 10 Personen und Sitzpflicht, aber gott-sei-dank keine Maskenpflicht. Aber – so what?? – egal – Hauptsache wieder ein Konzert live und in Farbe. Der Konzertbeginn wurde von 21 Uhr auf 18:30 wegen der Lärmschutzauflagen für Open-Air-Konzerte der Stadt Hamburg vorverlegt. Das wurde mir fast zum Verhängnis, da ich noch 21 Uhr im Kopf hatte. Letztendlich hat es aber doch gut gepasst.
Die Setlist glich der im Meisenfrei 2 Tage vorher, als Laura Cox mit ihrer Band Indoor ohne Auflagen gespielt hat.
- Hard Blues Shot
- Bad Luck Blues
- Too Nice For Rock ‚N‘ Roll
- Take Me Back Home
- Last Breakdown
- Looking Upside Down
- Restless (Blackberry Smoke cover)
- River
- Fire Fire
- Guitar Solo
- The Australian Way
- Good Ol‘ Days
- As I Am
- Drum Solo
- Going Down
- Freaking Out Loud
- Zugabe: If You Wanna Get Loud (Come To The Show)
Beim Opener geht es gleich voll zur Sache. Hard Blues Shot ist der „Dosenöffner“ für das im Schnitt Ü45-Publikum: fettes Intro, satte Riffs, hohe Geschwindigkeit, eingängiger Text: Radio is dead (ich hoffe doch nicht), TV is shit (stimmt), let‘s get drunk to the sound of Rock ‚n‘ Roll (jaaaa, davon kann man nicht genug bekommen). Bad Luck Blues hat ebenfalls schöne und eingängige Riffs und Melodie.
Dann greift die Frontfrau zu einer Mineralwasserflasche. Bei früheren Auftritten, so sagt sie, hat sie immer gerne ihren trockenen Hals mit Bier geölt, aber bei so einer Tour und der Dauerbeanspruchung der Stimmbänder ist Wasser dann doch das geeignetere Mittel für nachhaltiges Beibehalten der Schleifpapierstimme. Nach der Show greife sie dann aber gerne wieder auf Bier zurück.
Too nice for Rock ’n‘ Roll beginnt mit schönen Gitarrenriffs, der Chorus ist eingängig, die Breaks sind wohlüberlegt gesetzt. Es geht um Vergessen von bösen Erinnerungen, die Meinung der Leute über einen selber. Das Ende bleibt offen. Dann nahtloser Übergang zu Take me back home. Auch hier fettes Gitarrenintro, Chorus ist maximal mitsingfähig, inhaltlich ein problembeladene Beziehung – meine Güte, hat sie schon was mitgemacht in ihrem jungen Leben.
Last Breakdown und Looking Upside Down sind die nächsten Beispiele von Geschichten über Zusammenbrüche, schmerzhafte Trennungen, aber auch das Signal, dass einen solche Schicksalsschläge nicht unterkriegen, sondern man gestärkt aus diesen Ereignissen hervorgeht und diesen Fehler eben nicht ein zweites Mal machen soll. Garniert wird das alles mit erstklassiger Rockmusik, fetten Riffs, Tempowechseln, tollen Solos – was will man noch mehr, es ist einfach nur klasse!
Mit Restless wird ein Cover von Blackberry Smoke in die Show eingeflochten als kleinen Hinweis darauf, dass die nächste Platte des Quartetts deutlich mehr Südstaaten-Einschlag haben wird als die beiden ersten Scheiben.
River fängt wie ein langsam fließender Bach an und entwickelt sich stetig zu einem (mit-)reißenden Strom. Die Gitarrenarbeit ist exzellent und sehr ausgefeilt. Es macht wirklich Spaß, den jungen Musikern bei ihrer Arbeit zuzuschauen.
Überhaupt sind viele Stücke der Band so aufgebaut, dass sie ganz langsam anfangen und sich dann extrem steigern, schneller, lauter und intensiver werden, dann kommt ein Cut, Tempo raus, das Publikum wird mit einbezogen, um danach mit unwiderstehlichem Vortrieb und Druck das hohe Tempo des ersten Parts wieder zu erreichen und in einem grandiosen Solo zu enden. Das alles gelingt mit müheloser Eleganz, die Band ist extrem gut eingespielt , da sitzt selbst in den jamming Sessions scheinbar jeder improvisierte Handgriff.
Überhaupt sind viele der Songs im Vergleich zum Studio-Original noch einmal richtig aufgemotzt worden, sei es durch Solos am Beginn (The Australian Way), in der Mitte (Fire Fire) oder am Ende (Last Breakdown, As I am). Diese Gitarrenparts im Zusammenspiel mit Temposteigerungen der Band verführen dazu, den Volumenknopf immer noch ein Stückchen weiter nach rechts zu drehen.
Die Soloeinlagen von Mathieu Albiac an der 2. Gitarre und Antonin Guérin am Schlagzeug sind sehr hörenswert, das Gitarrenspiel mündet schließlich im Song „The Australian Way“ einer Homage an ihre großen Vorbilder AC/DC. Dieses Solo ist fantastisch gespielt, schade, dass es bisher auf keiner CD verewigt wurde. Im RLR-Special am 31.10.2021 ab 20 Uhr wird es allerdings zu hören sein.
As I am ist auch so ein Stück, das man lieben muss. Love me as I am – a woman, an angel, the DEVIL. Das Stück mündet in einem üppigen Gitarrensolo mit überhöhter Geschwindigkeit – einfach klasse.
Und weiter geht die Gitarrenschlacht mit Going down. Schöne akzentuierte Riffs am Anfang, textlich geht es um eine toxische Liebe von 2 Seelen, die sich eigentlich loslassen und trennen müssten, genau das aber aus Liebe und Abhängigkeit zueinander nicht schaffen, was den Untergang bedeutet – I‘m going down.
Freaking out loud enthält Sequenzen, bei denen man meint, es wird ein Keyboard eingesetzt, aber die Töne kommen alle aus den Gitarren von Laura und Mathieu – dieses Duo ist wirklich genial und hat sich gesucht und gefunden. Ansonsten wuchtig, mit fettem Druck nach vorne gespielt, ohne Schnickschnack.
If you wanna get loud (come to the show) war der Ausklang als Zugabe nach diesem packenden Gig, kurz vor 20 Uhr – die Bassistin Marine Danet hat es aus ihrer dicken Jacke geschafft, denn trotz der sinkenden Außentemperaturen wurde die Musik immer heißer, ja schweißtreibend. Ja, wir waren dabei und alle, die da waren, waren begeistert. Die, die es verpasst haben, haben noch die Möglichkeit, die Band im November in Deutschland sehen zu können, die Tourdaten stehen auf der Webseite https://lauracoxband.com unter Tour.
Nach der Show stand die Band noch für Fragen, Quatschen, Autogramme, Fotos rund um den Merch-Stand zur Verfügung, was den Abend wirklich perfekt abrundete.